Langenstraße 29

Vor ziemlich genau 10 Jahren, Ende 2015, wurden die Türen des traditionellen Unternehmens „Möbelhaus A. Thierfeld“ in der Langenstraße 29 endgültig geschlossen. Seitdem stand das Gebäude mehr oder weniger ungenutzt und unbewohnt. Nun finden seit dem letzten Jahr umfangreiche Umbauarbeiten statt.

Im Juli letzten Jahres berichtete bereits die Ostseezeitung über die Bautätigkeiten am Gebäude. Der neue Eigentümer, die BSB Bau Malchin GmbH, baut das Gebäude unter Erhalt der Straßenfassade mit großen Aufwendungen um. Nach Aussage des neuen Eigentümers ermöglichte der vorgefundene Zustand des alten Gebäudes, insbesondere der hofseitigen Anbauten, keine Sanierung im Bestand, sodass hinter der alten Fassade mehr oder weniger ein Neubau entsteht. Die bisher durchgeführten rückwärtigen Teilabbrüche waren sehr zeitaufwendig, da die Baustelle nur von der Straße aus zugänglich ist. Ein großer Kran sowie eine Vollsperrung sind dafür seit ca. eineinhalb Jahren erforderlich. Sicherlich ist diese Situation für einige Anwohner, insbesondere für die direkten Anlieger, einschränkend. Wenn auch die derzeitige Sackgassensituation der vom Neuen Markt führende und durchaus gut befahrenden Altstadtstraße eine willkommene Verkehrsberuhigung für die Anwohner darstellt.

Die Fassade ist für den Erhalt gesichert worden und wird im Bestand saniert. Die alten Schaufenster sind bereits durch neue Fensteröffnungen, angepasst an die Flucht der darüber vorhandenen Fenster in den Obergeschossen, umgebaut worden. Und hinter der Fassade sind beim Vorbeigehen die Rohbauarbeiten zu beobachten, die parallel im Vorder- und Hinterhaus stattfinden. Der alte Schriftzug „Möbelhaus A. Thierfeld“ soll nach der Fertigstellung weiter an der Fassade verbleiben und somit an das ehemalige Traditionsunternehmen erinnern.

Bereits im Jahre 1913 übernahm der Tischler Alfons Thierfeld, Großvater von Karsten Thierfeld dem letzten Inhaber, das Gebäude. Der Staude-Plan von 1647 zeigt im Bereich dieser Häuserzeile noch eine vollständige Bebauung. Im Jahre 1734 wurde das Gebäude hingegen in einer Baulücke errichtet. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts bis ca. 1900 waren mehrere Bäckereien im Erdgeschoss ansässig. In chronologischer Abfolge waren dies zunächst der Bäcker Peter Vahl, ab 1788 der Bäcker Christian Wilde, ab 1840 der Bäcker Samuel Warnke und ab 1844 übernahm Theodor Adolph Friedrich Danckwardt die Bäckerei. Das erste Schaufenster wurde von der Kaufmannsfamilie Drews im Jahre 1858 eingebaut. Bekannt ist, dass auch der Möbelhändler H. H. Drews hier ansässig war. Mit der Übernahme des Gebäudes durch den Tischler Alfons Thierfeld im Jahre 1913 wurden größere Umbauten vorgenommen, um im Erdgeschoss ein Ladengeschäft für Möbel einrichten zu können. Dabei wurden unter anderem die ehemalige Hauseingangstür sowie die Treppenanlage im Gebäude so an die Seite des Gebäudes umverlegt, dass das Schaufenster vergrößert werden konnte. Mit dem Zukauf der hofseitig anschließenden Frankenstraße 54 im Jahre 1951 konnte der Unternehmenssitz erweitert werden. Seinen Ursprung hatte die Tischlerei jedoch in der Schillstraße 30, wo Alfons Thierfeld im Jahre 1900 mit einer kleinen Tischlerei für Möbelbau seinen ersten Firmensitz (später dann in der Heilgeiststraße 2) hatte.

In den 30er Jahren wurde unter Federführung der beiden Söhne, Werner und Herbert Thierfeld, der Getreidespeicher in der Langenstraße 54 erworben (aktuell befinden sich in diesem Gebäude Räumlichkeiten des Gartenhaus e. V.). Das Gebäude wurde zu einem größeren Möbelhaus umgebaut, sodass in insgesamt fünf Geschossen Möbel ausgestellt und verkauft werden konnten. Die Ummeldung der Gewerbeberechtigung für die neuen Inhaber Werner und Herbert Thierfeld erfolgte ab dem 1. Januar 1937. Nebenbei noch bemerkt, der Möbelhändler Alfons Thierfeld und die Tischlerei Herrmann & Co. aus Stralsund gründeten 1950 gemeinsam die Stralsunder Möbeltischlerei, die ihre Fortsetzung in der „Stralsunder Möbelwerke GmbH“ fand.

Nun dürfen wir gespannt auf eine baldige Fertigstellung und ein weiteres saniertes Gebäude in unserer Altstadt sein.

Kati Rehberg
aus G&T #93