Am Fischmarkt

Wie viele andere Gebäude war auch das Quartier zwischen der Wasserstraße und der Straße am Fischmarkt im Bereich des Semlower Kanals stark vernachlässigt worden. Während in der Wasserstraße das ehemalige Kaufhaus Weyergang (Wasserstr. 72) verfiel, sah es dahinter (Am Fischmarkt 4) nicht besser aus.

Am Fischmarkt 4/5 um 1994

Das Haus Am Fischmarkt 4 wurde um 1870 errichtet. Es hat eine interessante Hofsituation mit einem Torbogen in Richtung Semlower Kanal. Der nördliche Gebäudeteil verfügte über einen Rechteckerker, der bereits so baufällig war, dass er straßenseitig mit einer massiven Holzkonstruktion abgestützt werden musste. Auch der Torborgen war einsturzgefährdet. Leider kam es um 1997 zu einem tödlichen Unfall an dieser Stelle, als herabfallende Putzstücke einer Person auf den Kopf fielen. Die Stadt nahm diesen bedauerlichen Unfall zum Anlass, um danach an vielen gefährdeten Häusern den Putz abschlagen zu lassen, damit von ihm keine Gefahr mehr ausging. Es stand im Raum, dass besonders einsturzgefährderte Gebäude Am Fischmarkt 4 komplett abzureißen. Dagegen regte sich Widerstand, der zu dem angebrachten Transparent führte.

Zustand 2025

Knieperstraße

Das Gebäude Kniperstr. 17 ist auch als „Stützhaus“ bekannt und war viele Jahre ein Sicherheitsrisiko und Schandfleck im nördlichen Zugang zur Altstadt mit seiner geschichtsträchtigen Knieperstraße. Zunächst wurde das giebelständige Haus mit einem massiven Holzgerüst stabilisiert.

Sicherungsmaßnahmen 1992

Nach dem Verkauf des Hauses 1993 an einen Hamburger Investor will dieser das Gebäude komplett abreißen lassen. Dem stimmt aber die Denkmalpflege der Hansestadt nicht zu. Die beiden Hausgiebel sowie der Hausbaum sind denkmalpflegerisch sehr wertvoll und sollen erhalten werden.

Nach einem Teilabriss des hinteren Gebäudeteils 1994 aufgrund akuter Einsturzgefahr blieb nur noch die Straßenfassade stehen. Das Bürgerkomitee förderte Sicherungsmaßnahmen am Straßengiebel 1995 mit ca. 26 tsd DM. Mehrfachen Versprechen zur Rettung der restlichen Bausubstanz folgten leider keine Aktivitäten.

Bürgerprotest um 2002

Die restlichen Gebäudeteile verfallen weiter, sodass sich das Bürgerkomitee 2003 erneut gezwungen sah, auf die unhaltbare Situation aufmerksam zu machen:

Knieperstr. 17 – (Transparent von 2003)

Erst mit einem erneuten komplizierten Verkauf an einen neuen Eigentümer konnte der Straßengiebel so stabilisiert werden, dass das Stützgerüst abgebaut werden konnte. Für die darauffolgende Sanierung wurde im Jahr 2011 für das Gebäude ein Koggensiegel verliehen.

Badenstraße

Die Badenstraße Nr 5 und 6 sind lange Sorgenkinder der städtebaulichen Entwicklung in Stralsund gewesen. Südlich des Rathauses gelegen, in unmittelbarer Nähe zur Goldschmiede Stabenow in der Badenstr. 1/2 waren Sie über viele Jahre dem Verfall preisgegeben. Die Gebäude waren in privater Hand, eine Sanierung oder Entwicklung fand erkennbar nicht statt.

Noch 1990 war zumindest die Nummer 5 in einem akzeptablen Zustand wie ein Foto der Jugendstilwendeltreppe aus dem Jahr 1990 belegt:

Innentreppe Badenstr. 5 (Foto: Harry Hardenberg)

Man sieht allerdings deutlich an den reich verzierten Wänden des Treppenhauses, das es statische Probleme gab.Das Haus verfügte über einen Kemladen in südlicher Richtung, der unmittelbar an einen in den achziger Jahren errichteten Spielplatz auf dem Rathausplatz grenzte. Der Kemladen musste wegen Baufälligkeit abgetragen werden, ohne die entstehenden Öffnungen zu verschließen. Auch das Dach fiel 1996 einem Brandschaden zum Opfer, dessen Ursache nicht vollständig aufgeklärt werden konnte.

rückseitige Ansicht Badenstr. 5 um 1990

Anfang Mai 1998 tauchte dann über Nacht das Transparent auf der Rückseite des Gebäudes Badenstr. 5 auf, um mehr öffentlichen Druck auf den Eigentümer auszuüben. Immerhin wurde in dieser Zeit in Stralsund der Antrag zur Anerkennung als Weltkulturerbe vorbereitet. In einem öffentlichen Brief an die Stadtverwaltung hieß es:

Seit Jahren arbeitet man in Stralsund fieberhaft und engagiert – unterstützt von Bund, Land und Deutscher Stiftung Denkmlaschutz – am Aufbau der historischen Altstadt. Gewapnet ist man jedoch nicht gegen Leerstand und Verfall von Bausubstanz, wenn der Besitzer das Haus nicht retten will.

Leider gelang es nicht, dass Haus zu retten, im April 2000 wurden die Badenstr. 5 und die angrenzende Nr. 6 abgerissen.

Abrissarbeiten im April 2000

Heute ist die Häuserfront im westlichen Teil der Badenstraße wieder geschlossen. Die Neubauten sind im Rahmen der Entwicklung des Quartier 17 (Rathausplatz) an die historisch verlorenen Häuser getreten.

Ansicht Badenstr. 5 (2025)

Heilgeistkloster

Das Heilgeistkloster – eigentlich Heilgeisthospital – wurde um 1320 errichtet. Es lag ausserhalb der Stadtmauern. Hier wurden Kranke und Sieche behandelt, die Heilgeistkirche kam Ende des 14. Jahrhunderts hinzu. Das Heilgeistkloster hatte bis 1945 viele Besitztümer, darunter die Inseln Hiddensee und Ummanz und zahlreiche Dörfer und Lehen in der näheren Umgebung. Nach 1990 erhielt die Hansestadt als Rechtsnachfolgerin des Heilgeistkloster viele der Ländereien zurück. Als in den 1990 Jahren die Sanierung der wunderschönen Fachwerkgebäude des Areals und des Elendenhauses anstanden, hatten nicht wenige Bewohner Sorge um „ihre“ Wohnungen. Heute sind die meisten Gebäude über ein Erbbaurecht an die dort lebenden Menschen gegangen. Die Klosterstr. 10-12 wurde 1998 mit dem Koggensiegel ausgezeichnet.

Ippenschuppen

Hermann Otto Ippen gründete im Jahre 1922 die Ippen-Linie Reederei Stettin. Mit seinen Schiffen stellte er eine regelmäßige Verbindung zwischen Stettin und den Städten Stralsund, Rostock und Wismar, später auch Kiel, her. Obwohl es die Reederei schon seit geraumer Zeit nicht mehr gibt, wird die Anlegestelle in Stralsund bis heute IppenKai genannt. Am 3. November 1922 ging bei der Baupolizei der Stadtverwaltung Stralsund folgendes Gesuch ein:

„1. November 1922.
In der Anlage überreiche ich der Polizei-Direktion ergebenst in doppelter Ausfertigung Zeichnung
sowie einen Kostenüberschlag zum Neubau eines Lagerschuppens im Wellblechschuppen am Hafen mit der Bitte um gefl. Erteilung der Bauerlaubnis.
Ergebenst für Hermann Otto Ippen – Stettin – als Bauherr.“

Das Gesuch selbst stellte die bekannte Stralsunder Baufirma Teichen. Der sogenannte Wellblechschuppen, der eigentlich nur ein Schutzdach war, das auf einem Stahlskeletttragwerk ruhte, stand zumindest schon. Jetzt erfolgte unter dem östlichen Bereich des Schutzdaches der Einbau eines geschlossenen Lagerschuppens mit Schiebetoren. Schon am 11. Dezember 19222 konnte Theodor Teichen die Fertigstellung des Baues „unter dem Wellblechschuppen am Nassen Dreieck“ der
Polizeidirektion melden. Am 5. Juli 1935 stellte Max Wilhelm, Inhaber einer Großhandlung für Baustoffe, bei der Hafeninspektion den Antrag, „einen Teil des offenen Schuppens am Ippenkai zur Lagerung von Zement und Kalk“ zu überlassen.

„Es wäre mir“, so Wilhelm weiter, „sehr erwünscht, wenn ich von der offenen Halle den der Seestraße zugekehrten Teil erhalten könnte, welche ich auf meine Kosten allseitig ummauern würde.“

Der Stralsunder Schiffsmakler Max Hintze hatte als Vertreter der Ippen-Linie nichts dagegen einzuwenden. Nur knüpfte er seine
Zusage an die Bedingung, „daß bei Eintreffen eines Tourendampfers der Ippen-Linie“ die dort mit Baustoffen löschenden Schiffe wegzuholen sind. Das Blechdach erhielt nunmehr eine 12 cm starke Umfassungswand aus Ziegelstein. Ebenso bekam damals der sich auf der anderen Seite befindliche Lagerschuppenbereich von 1922 eine Umfassungsmauer. 1957 übernahm der im gleichen Jahr gegründete VEB Fahrgastschiff „Weiße Flotte“ den IppenSchuppen. Der Betrieb ließ ein Jahr später Fenster einbauen. 1959 erfolgte dann ein umfassender Umbau des Lagerschuppens zu Aufenthaltsräumen und einer Gaststätte.

Im Jahre 1985 begann eine umfassende Rekonstruktion des Gebäudes. Im Erläuterungsbericht zum Bauvorhaben konnte man folgende Zeilen lesen: „Der Ippenschuppen auf dem Ippenkai ist ursprünglich als überdachte Lagerhalle ohne Außenwände gebaut worden. Dazu waren die vorgefertigten Stahlskeletttragwerke auf Stützen (2 U Profile) gestellt worden. Ansonsten besitzt das Bauwerk keine weiteren Gründungen. Im Laufe der Zeit wurden aber dort Waren gelagert, die zur Sicherung nach außen hin abgeschlossen wurden. So wurden Außenwände aus 24iger Mauerwerk gestellt (in der Südwand nur 12er Mauerwerk) und Innenwände aus 12er Mauerwerk gezogen. Dieser Zustand besteht seit mehreren Jahren, ohne
daß sich durch den zusätzlichen statischen Druck Veränderungen am Bollwerk ergeben haben. Jetzt sollen weitere Funktionen im Ippenschuppen untergebracht werden. Im südlichen Teil kommt ein Jugendklub mit Ausschank hinzu. Ebenso soll die Beheizung des gesamten Gebäudes durch einen zentralen Heizkessel erfolgen, für den auch ein extra Schornstein gebaut werden soll.“ Alle neuen Zwischenwände wurden damals mit Gasbetonsteinen errichtet. Die Südwand sowie der südliche Teil der Westwand erhielten eine Verstärkung durch 120 mm dicke Gasbetonsteine.
Der Außenanstrich basierte auf der „traditionellen Farbgebung Blau“, Tore und Türen erhielten einen weißen Anstrich. Im Jahre 1997 zog in den Ippen-Schuppen, der nach wie vor der „Weißen-Flotte“ gehört, ein italienisches Restaurant ein.

Text: A. Neumerkel