
Langenstr. 17

Ursprünglich als Wehrturm in der Stadtmaher um 1300 erbaut. Mehrfach überformt und umgebaut, ab 1629 als Stiftungshaus verwendet mit sehr kleinen Wohnungen, die im Lauf der Jahre durch Teilung immer kleiner wurden.
„Völschow‘sche“ Stiftung 1629 gegründet – Wohnungen mit Stube, Kammer und „Schwarze Küche“ im Flur / je eine im ´KG´ (= EG zur Feldseite) – EG – OG
„Ike‘sche“ Stiftung 1744 saniert – Wohnungen mit Stube, Kammer und „Schwarze Küche“ im Flur / je zwei in – EG – OG – 2.OG / je eine im KG und im DG
Zustand vor Sanierung mit
Das Haus in der Prignitz 2 hat mit all seinen Fenstern nach Süden und Westen eine geradezu ideale Lage. Bereits1995/96 wurde das Haus erstmals nach der Wende restauriert und für zwei Mietparteien umgestaltet. Die Fassade und der Keller mit Zugang von außen blieben erhalten. Die neue Besitzerin, Frau Dr. Rodemerk, ließ danach die Prignitz 2 zu einem Einfamlienhaus umbauen. Das bedeutete Keller mit Zugang von innen, Windfang, Treppenaufgänge in die oberen Geschosse und ein sonniger Dachgarten. Das Ergebnis – ein kleines, feines Haus.
Das Grundstück des Hauses Langenstraße 3 (im schwedischen Aufmaß von 1705 unter der Nummer 121) liegt auf dem Gebiet der Stadterweiterung, deren erste Gebaüde 1270 genannt werden. Das Gebiet erstreckt sich um die Langen- und Frankenstraße, die vom Neuen Markt zum Hafen führen. Da die Grundstücke an den Hauptmagistralen meistens den besser gestellten Bürgern vorbehalten waren und diese repräsentative Giebelhäuser errichteten, stand hier vermutlich ab Ende des 13. Jahrhunderts ein gotisches Giebelhaus, von dessen Existenz heute das noch vorhandene Kellergewölbe zeugt. Auf der Stadtansicht von Staude um 1647 steht an der Stelle ein Giebelhaus zwischen zwei Traufenhäusern und auf dem Merian, ein Stich von 1650, ist eine geschlossene Giebelhausreihe sichtbar. Während der brandenburgischen Belagerung 1678 fiel mit ziemlicher Sicherheit das Gebäude dem Bombardement zum Opfer. Auf der schwedischen Matrikelkarte von 1705/1708 ist für das Grundstück ein nicht unterkellertes, eingeschossiges Traufenhaus mit bescheidenem Hofraum genannt. Das Haus stand zur Ostseite frei, was auf einen eigenständigen Giebel hinweist. Als Besitzer des Hause s wurde zu dieser Zeit ein Maurermeister namens Clas Baumann geführt. Baumann verkaufte das Haus an Augustin Wachsmuthen und die weiteren Besitzer waren Jochim Löding, Michael Peter Krätling (1766), ein Schornsteinfeger Johann Tobian Walter (1774) und 1782 der Unteroffizier Johann Hinrich Anthoni. Mit dem Bau des Hauses Nr.4 wurde dann wahrscheinlich das Gebäude abgerissen und später wieder zwischen die Häuser Nr.2 und 4 gesetzt. Vermutlich war dieser Bau eingeschossig, denn ein Ansatz des Daches über dem Erdgeschoß ist an der Außenwand des Hauses Nr.4 sichtbar. Während der Besitzzeit Anthoni’s kam es wahrscheinlich zu größeren Umbauten, was der Unterschied im Kauf und Verkaufspreis vermuten läßt (1782-302 Taler Kaufpreis und 1820-800 Taler Verkaufspreis). Die letzten Besitzer beanspruchten das Haus nur jeweils acht Jahre. 1820 kaufte Johann Drews das Haus und 1851 erwarb Carl Engelbrecht dieses Kleinod, der seinen Namen auf die Fassade schrieb, welcher durch die gründliche Restaurierung heute wieder sichtbar ist.
Ein historisches Foto von 1860 zeigt das Haus in seiner heutigen Form. Die Umbauten, wie die Erhöhung um ein Geschoß, hinterer Ausbau und vermutlich Kellerausbau erfolgten von einem der Vorbesitzer oder von Engelbrecht selbst. Dabei ist das südliche Nachbarhaus deutlich erkennbar, durch dessen Abriß das Haus Langenstraße 3 einen neuen Giebel bekam. Auf einem Foto nach 1871 ist das Haus nach Westen freistehend wie heute.
Das Gebäude ist ein zweiachsiges, zweigeschossiges Traufenhaus, mit einer Breite von 6.05m und einer Gebäudetiefe von 10.36m. Das Ziegeldach liegt auf einer einfachen Sparrenkonstruktion mit Kehlbalken. In der Dachfläche liegen straßenseitig zwei einfache Gauben. Die straßenseitige Fassade ist gegliedert durch ein einfaches Gesims unterhalb der Fenster des Obergeschosses, zwei symmetrisch angeordnete Fenster im Obergeschoß und ein Fenster links neben der zweiflügeligen Eingangstür gliedern die Fassade ebenfalls. Zweidrittel der Gebäudebreite auf der Hofseite sind dreigeschossig und mit einem Pultdach bedeckt. Dieser Teil ist auch unterkellert. Durch die Diele des Hauses gelangt man in den Hofraum. Dieser wird durch die Hauswand des Nachbarhauses Nr.4, durch eine Mauer zur Nr.2 und durch ein 1.5m breites zweigeschossiges Fachwerk- Nebengebäude begrenzt.
Das Gebäude ist im wesentlichen ein Fachwerkbau. Der Keller und das Erdgeschoß (straßenseitig ganz, hofseitig zwei drittel) sind massiv gemauert (vermutlich vom Vorgängerbau übernommen). Das Haus besaß keine eigenen Giebelwände zu den Nachbarhäusern, nach dem Abriß des Gebäudes Nr. 2 ist der Westgiebel neu vorgeblendet worden. Tragende Wände sind die Traufenwände (straßen- und hofseitige Außenwände), unterstützt durch die Mittelwand, die parallel zu den Außenwänden verläuft. Das Satteldach wird getragen durch eine einfache Sparrenkonstruktion mit Kehlbalken. Die Kehlbalken sind hofseitig in Zimmerbreite bis auf die Außenwand verlängert, auf denen eine Pultdachkonstruktion liegt. Das zweigeschossige Hofgebäude ist eine reine Fachwerkkonstruktion mit Pultdach.
Das Gebäude wurde immer als Wohnhaus genutzt, vor der Freigabe zum Abriß waren drei Wohneinheiten in dem Haus, wobei diese ein Minimum an Wohnfläche besaßen und es kaum sanitäre Anlagen gab. Heute dient es als Wohnhaus für eine vierköpfige Familie.
Zielstellung der restauratorischen Untersuchung war die Lokalisierung der bau- und fassungsgeschichtlichen Befundorte, die Darstellung und Bewertung des archäologischen Bestandes und die Erarbeitung der fundierten Restaurierungskonzeption. Die einzelnen Bauphasen wurden durch freilegende Maßnahmen untersucht, wonach verschiedene Mauerwerkszustände, Putzarten und Fassungsbestände ausgewertet und aufgedeckt wurden. Die Gegenüberstellung der Untersuchungsergebnisse an verschiedenen Befundorten ergab die genaue Definition der vorhandenen Farbfassungen. Hier sei dabei vor allem die Erstfassung an Aussenfassade und der Innenwände im Flurbereich erwähnt. Als Erstfassung wird in diesem Fall der Befund von 1850 bezeichnet, da zu dieser Zeit das Haus das zweite Geschoß erhielt und erstmals in seiner heutigen Gesamtheit erschien. Wenn man vom Primärzustand um 1850 ausgeht, weist die Außenfassade bis zur Untersuchung zwölf Fassungen auf. Die Fassade hatte einen Gesamtanstrich in einem rötlich- bräunlichen Ton um 1851 mit einem Schriftfries des damaligen Besitzers Carl Engelbrecht in schwarzer Schrift auf einem hellen beigefarbenen Fondton. Das Erdgeschoß wies natürlich noch ältere Fassungen auf, die aber nicht weiter Berücksichtigung finden, da das Haus zu dieser Zeit kein Obergeschoß besaß.
Die Farbvorlage der Primärfassung durch alle Geschosse ist seit der Restaurierung wieder ausgeführt. Die Eingangstür wurde nach ihrer Aufarbeitung nach Befund hellgrau gefaßt, so auch die Fenster. Ein Teil der Fenster mußte ersetzt werden, wurden jedoch mit ihren ursprünglichen Profilen versehen. Im Innenwand Flurbereich sind die Balken des Fachwerks sichtbar, das Mauerwerk überputzt und im gesamten hell übertüncht gewesen. Die erste Fassung darauf war eine hellgraue Tünche als Fondton mit einem 6 cm breitem Fries an der Oberkante der Wand mit blau auf weißem Grund über die Balken hinweg. Dazu war der Sockel hellbraun bis gräulich mit blauen Begleitstrichen und Eckrosetten. Auch die folgenden drei Fassungen hatten ein dunkelblaues Fries in verschiedenen Ausführungen. Auf die weiteren Fassungen soll hier nicht weiter eingegangen werden, denn die Primärfassung über alle Etagen von 1851 ist heute wieder nacherlebbar, wobei originale Fragmente erhalten sind.
Alle weiteren Fassungen, sowie die späteren Friesfassungen sind dokumentiert worden. Die aufgearbeiteten Innentüren sind zur Fassung gehörig in hellgrauem Ton neugefaßt. Die Zimmer des Hauses dienen heute als Wohnraum und weisen als solche keine ursprunglichen Fassungen mehr auf. Die Befunde wurden im Zusammenhang mit der restauratorischen Untersuchung dokumentiert.
Die Ossenreyerstraße 1 oder auch das Olthofsche Palais liegt neben der Tourismuszentrale am Alten Markt. Mit dem Rathaus bildet es den Eingang in die Ossenreyerstraße – die Einkaufsstraße der Altstadt. Das rote Haus ist berühmt für den Hackertschen Tapetensaal im ersten der zwei Obergeschosse. Jakob P. Hackert hat den Raum zu dem bedeutendsten Kunstwerk des Klassizismus in der gesamten Hansestadt verholfen.
Das vierachsige Traufenhaus hatte früher die Postadresse “Am Alten Markt 2”‘ und ist im Zuge einer Umstrukturierung 1869 in ”Ossenreyerstraße 1” umbenannt worden. Das Haus steht als Beispiel für eine Kaufmannsfamilie zu Beginn des 18. Jahrhunderts.
Das Gebäude, welches heute an dieser Stelle steht, hat zwei Vorgänger, wie man am Staudeplan von 1647 deutlich erkennen kann. Ein breiteres und ein schmaleres Giebelhaus standen dort. Diese Häuser wurden im Stadtbrand von 1680 zerstört, so wie ca. 230 weitere Gebäude. Der einheimische Kaufmann Daniel Schloman, dem bereits eines der vorherigen Häuser gehörte, ließ das Haus 1691/92 wiedererrichten. Jedoch wurde aus dem Giebelhaus ein vierachsiges Traufenhaus, weil dies zur Schwedenzeit üblicher war. Für den Wiederaufbau nach den Bränden stellte die schwedische Regierung Geld (Florin) bereit und so bekam 1691 auch Schloman 250 Florin für den Wiederaufbau seines Hauses zur Verfügung gestellt.
1760 erwarb der Kaufmann Adolf Friedrich von Olthof, schwedisch-pommerscher Regierungsrat, das Haus am Alten Markt 2. Er war ein reicher und einflussreicher Mann, der 1762 auch das Herrenhaus Boldevitz (Rügen) kaufte.
Zur gleichen Zeit nahm der Kaufmann den Maler Jakob P. Hackert bei sich auf und lies ihn einen Saal im ersten Obergeschoss ausgestalten. Hackert malte auf Tapeten, die an drei der vier Wänden angebracht sind. An der vierten Wand befinden sich drei Fenster zum Innenhof. Vier der fünf Tapeten zeigen realistische Landschaften in Dresden und der Sächsischen Schweiz. Auf der Fünften ist eine Ideallandschaft mit antikem Tempel abgebildet. Die Landschaften werden jeweils von antiken Säulen eingerahmt. Der Ofen, an der Ostseite, ist nachweislich erst um das Jahr 1900 eingebaut worden. Auf dem Boden ist eine optische Illusion wie eine Art Becken zu sehen. Diese Malerei wurde aber wenige Jahre nach ihrer Fertigstellung mit einem Großtafelparkett überdeckt. Besonders bedeutend sind bei den Tapeten die Perspektiven bzw. die Anordnung der Bildgegenstände. Erstaunlich ist auch, dass Hackert nie selbst in Sachsen war um die Orte, die er gemalt hatte, selbst zu besuchen. Er musste von Erzählungen oder Bildern die Landschaften gemalt haben. Man vermutet, dass ein sächsischer Hofmeister, der zur gleichen Zeit wie Hackert bei Olthof wohnte, ihm Ortskenntnisse und möglicherwise Bildnisse mitbrachte. Auch im Gutshaus Boldevitz war er tätig. Dort verarbeitete er u.a. Landschaftsbilder von Rügen und die Silhouette Stralsunds. Anschließend zog er nach Paris um seine Karriere weiter zu verfolgen.
Da der Tapetensaal bis zu den 1920er Jahren unverändert blieb, wird sich auch nichts Wesentliches an der Architektur des Hauses geändert haben. Während der Weltwirtschaftskrise (Beginn 1929) gab es in Stralsund offenbar einen Bedarf an Wohnraum. Der Saal wurde mit Fachwerkwänden in mehrere Räume geteilt, die Decke abgehängt und die Tapeten herausgeschnitten und verkauft um ihn als Wohnung besser vermieten zu können. Die Tapeten gelangten durch das Testament des Käufers, Ludwig Justi, in den Besitz des Stralsund Museums und wurden bei der Sanierung des Hauses 1987/88 wieder an ihren ursprünglichen Ort gebracht.
Im zweiten Weltkrieg, wurde der Keller zu einem öffentlichen Luftschutzkeller ausgebaut und es erfolgte der Durchbruch der Brandmauern zu den benachbarten Grundstücken. Der amerikanische Bombenangriff auf Stralsund am 06.10.1944 beschädigte die Ossenreyerstraßen1 nur leicht an der rechten Seite der Fassade. Während das Nachbarhaus (Alter Markt 9, die heutige Tourismuszentrale) vollständig zerstört wurde. Auch als das linke Nachbarhaus (Ossenreyerstraße 2) in den 1970er Jahren brannte, kam das Olthofsche Palais ohne Brandschaden davon. Die Löscharbeiten hatten zu Folge, dass das Haus 1976 wegen Schwammbefall komplett gesperrt wurde. Erst die umfassende Sanierung im Jahre 1988 in legte den Tapetensaal frei und machte das Haus wieder nutzbar. Am 7. Oktober 1988 zog die Kinderbibliothek in das Erdgeschoss ein. Jedoch musste eine weitere Sanierung aufgrund der Verwendung eines gesundheitschädlichen Holzschutzmittels durchgeführt werden. Dabei wurde zusätzlich, um die Barrierefreiheit zu gewährleisten, ein Aufzug im Innenhof gebaut, der mit einem Glasgang mit dem ersten Obergeschoss verbunden ist. Am 3. Juni 2011 eröffnete die Welterbe-Austellung Stralsund — Wismar in den unteren Räumen.
Im Westfälischen Frieden (1648), der nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) unterzeichnet wurde, ist festgehalten, dass Vorpommern fortan zu Schweden gehörte. Somit stand die Stadt Stralsund unter schwedischer Herrschaft bis zum Wiener Kongress 1815. Nur mit einer kurzen Unterbrechung von 1715-1720 wo es unter Dänischer Herrschaft im Zuge des Nordischen Krieges stand. In Stralsund nennt man diese Zeit deshalb Schwedenzeit.
Sie brachte einen Transfer von Gelehrten, den Handel von Waren im Zuge der Hanse und viel Fortschritt durch Austausch mit. Zum Beispiel stammten der Architekt Nicodemus Tessin und der Naturwissenschaftler Carl W. Scheele aus Stralsund und gingen nach Schweden um dort zu studieren und zu arbeiten. Außerdem vermaß die schwedische Regierung die Stadt das erste Mal und erstellt den Staudeplan. Auch die Häuser nahmen sie in der “Schwedischen Landesaufnahme von Vorpommern, 1692-1709“ auf um somit die Steuerklassen unterscheiden zu können. Die Stralsunder selbst betrachteten die Zeit aber eher als Rückschlag in ihrer Geschichte und ihren Bemühungen eine unabhängige Stadt zu sein. Die Bürger mussten nun neue Steuern zahlen und waren verpflichtet an der Verstärkung der Verteidigungsanlagen mitzubauen.
Auch die Architektur in Stralsund veränderte sich maßgeblich unter schwedischer Krone. Viele ehemalige Giebelhäuser wurden nach den zwei Stadtbränden 1678 und 1680 in Traufenhäuser umgebaut bzw. neu errichtet. Das Gebäude, welches sich heute in der Ossenreyerstraße 1 befindet wurde unmittelbar nach den beiden Stadtbränden erbaut, dessen Ausmaß an Schaden heute schwer zu schätzen ist. Wie A. Grabinsky in ihrer Arbeit “Die Stralsunder Doppelkatastrophe von 1678/80“ schreibt, wurden rund 332 von 569 Häusern, 597 von 1041 Buden und 286 von 509 Kellern zerstört.
Die Einteilung in Häuser, Buden und Keller wurde durch die schwedische Regierung unternommen um die Steuerklassen entsprechend anzupassen, wobei in den Häusern die Reichsten und in den Kellern die Ärmsten wohnten. Wie viele Menschen bei den Feuern ums Leben gekommen sind ist schwer einzuschätzen, man weiß aber, dass die Bürgerrechtsbewerbungen, Eheschließungen und Taufen kurzzeitig zurück gingen, was auf ein Absinken der Einwohnerzahl hindeutet. Die Einwohnerzahl muss aber zwischen 7.000 und 8.000 gelegen haben, was die Zählungen aus dem Jahre 1677 und 1706 belegen. Die meisten Bürger die Schaden erlitten hatten, blieben in der Stadt und bauten sich ihr Haus oder an anderer Stelle ein neues Haus wieder auf. Manche Reicheren mieteten sich auch im Kloster, als Zwischenunterkunft, ein. Ob Daniel Schloman dies gemacht hat ist nicht zu belegen.
Um die Lebenssituation und den Stand in der Gesellschaft der damaligen Bewohner zu verstehen, kann man sich zuerst die Lage des Hauses genauer angucken. Das Olthofsche Palais liegt direkt im Stadtzentrum am Alten Markt – eine, auch heute noch, teure Gegend. Wer so nah am Rathaus wohnte, musste reich sein. Das Haus war also ein Bürgerhaus in dem Kaufleute wohnten. Kaufmänner gehörten, aufgrund der guten Handelsbeziehungen durch die Hanse, mit zu den reichsten Bürgern der Stadt.
Vom Erbauer des Hauses Daniel Schloman wissen wir, dass er 1676 das Bürgerrecht erworben hatte. Ernst Uhsemann schrieb 1925 zum Bürgerrecht, nach lübischem Recht, Folgendes:
„Das Bürgerrecht erfüllte seine Inhaber mit erklärlichem Stolze.
Sie waren herausgehoben aus der großen Masse der fast rechtlosen Landbewohner; sie waren befreit von allen fürstlichen Steuern, Zöllen und Kriegsdiensten; sie fühlten sich als Miteigentümer des gesamten städtischen Vermögens; sie konnten im Auslande die einträglichen Handelsvorteile ausnutzen, die der Stadt von den nordischen Reichen, von Rußland, England und Flandern zugeführt worden waren und auf allen Reisen und bei allen Unternehmungen begleitete sie in jener gefahrenreichen Zeit die beruhigende Gewissheit, daß eine stolze und mächtige Stadt hinter ihnen stand, die versorgete, schützte und sühnte.“
Hier sieht man gut, wie viele Vorteile solches Recht mit sich brachte. Um dieses allerdings zu beantragen, musste man einen gewissen Betrag a die Stadt zahlen (wie viel genau ist heute nicht bestimmbar). Dies ist ein Hinweis darauf, dass Schloman wohlhabend war, denn er hatte das Bürgerrecht zugesprochen bekommen. Außerdem war es Notwendig Eigentümer eines Grundstückes zu sein und vor dem Stadtrat einen Eid schwören. Auch wenn die Bürger allgemein vom Kriegsdienst ausgeschlossen waren, mussten sie in Notsituationen, wie sie in Stralsund nach dem Westfälischem Frieden (1648) nicht mehr so oft vorkamen, auch für die Verteidigung der Stadt einstehen.
Ein weiterer Hinweis auf den Reichtum der Bewohner, ist natürlich der Tapetensaal. Adolf F. Olthof hatte allein aufgrund seines Berufes als Regierungsrat schon eine hohe gesellschaftliche Stellung inne. Olthof war Sohn eines schwedischen Adeligen und arbeitete eine Zeit lang als schwedischer Münzdirektor, womit er viel verdiente. Zusätzlich kaufte er 1762 ein Gutshaus auf Rügen und lies seinen persönlichen Maler (Hackert) bei sich wohnen und arbeiten. Sein Lebensstandard war damit deutlich höher, als der anderer Zeitgenossen. Als sein Einkommen als Münzdirektor wegbrach, hatte er viele Schulden und starb in Armut und wurde auf dem St.-Jürgen-Friedhof in Stralsund bestattet. Seinen eigenen Reichtum durch große Kunst und viele Verzierungen zu zeigen, war typisch für die Zeit des Barocks (ca. 1600-1720).
Die Ossenreyerstraße 1 wird heutzutage, aber eher dem Klassizismus zugeordenet, auch wenn dieser seine Blütezeit eher am Ende des 18. Jahrhunderts hatte.Im Gegensatz zum barocken Baustil, beschränkt man sich im Klassizismus eher auf einfache Formen und die Nachahmung antiker Vorbilder, siehe Säulen im Taptensaa.
Die letzte nachgewiesene Nutzung als Wohnung stammt aus den 1930er Jahren. Seitdem wurde das Haus nur noch kommerziell genutzt.Heute (Stand 2024) befindet sich im Erdgeschoss die Welterbe-Ausstellung Stralsunds und im 1. und 2. Obergeschoss sind die Räumlichkeiten des Amtes für Kultur, Welterbe und Medien, geleitet von Steffi Behrendt. Den Hackertschen Tapetensaal kann man in Führungen, die jede Woche stattfinden besichtigen.
Mit seiner heutigen Nutzung bleibt die Ossenreyerstraße 1 ein wichtiges Gebäude im Stadtbild, was sich durch die Auszeichnung als Baudenkmal hervorhebt. Außerdem bekam es das Koggensiegel vom Bürgerkomitee “Rettet die Altstadt Stralsund e.V.“ verliehen.
Wenn das Haus sprechen könnte würde es vielleicht von den reichen Besitzern, ihren Familien und den Bediensteten sprechen.Oder es würde von einem Maler erzählen, der einen “normalen“ Raum in einen außergewöhnlichen, nur mit Pinsel und Farbe, verwandelt hat. Es könnte auch von den wichtigen und reichen Männern erzählen, die zwar Eigentümer waren, aber nie in dem Haus wohnten.
Text: N.M Herrmann (Klasse 11 Hansa Gymnasium)
Nach gut zweijähriger Bauzeit erstrahlt das Giebelhaus Ravensberger Straße 4, erbaut in der 1. Hälfte des 18. Jh., wieder in seiner alten Schönheit (s. Bericht S. 5). An der Rückseite schließt sich ein zweigeschossiger Kemladen mit Querflügel in Fachwerkbauweise an. Familie Maacks-Mitusch hatte dieses schwierige Objekt erworben, und wurde fachlich vom Architekturbüro Eriksson unterstützt. Bei der Sanierung wurde darauf geachtet, dass so viel wie möglich von der alten Bausubstanz erhalten blieb. So wurden die alten Paneele im Kemladen wieder angebracht, und von Herrn Thormeier wurden verschiedene Malereien restauriert. Es wurde ein Fahrstuhl eingebaut, um so 8 alters- und behindertengerechte Wohneinheiten zu schaffen.
„Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat’s einfach gemacht!“
Als das Ehepaar Mitusch 2013 das Giebelhaus in der Ravensberger Str. 4 erwarb, haben sie sicher nicht das Ausmaß der Arbeit erahnen können, das sie dann in den folgenden über zwei Jahren Bauzeit erwarten sollte. Das Gebäude war eines der letzten unsanierten Giebelhäuser der Stralsunder Altstadt und in einem erbarmungswürdigen Zustand. Doch schon bei einer von mir frühzeitig durchgeführten ersten Befunduntersuchung zeigte sich, dass sich in vielen Bereichen des Hauses wertvolle historische Zeugnisse verschiedener Bauphasen erhalten haben. Dieses setzte natürlich die Bauherren und Architekten unter großen Druck, große Verantwortung für das Kulturgut wurde voraus gesetzt. Nach Planung des begleitenden Architekturbüros Eriksson sollen sieben hochwertige Wohnungen entstehen, die alle modernstem Standard entsprechen. Gleichzeitig mussten aber auch die Auflagen der Denkmalpflege berücksichtigt werden. Dieser Kompromiss ist, dank der einfühlsamen Herangehensweise der Fam. Mitusch auf wundersame Weise gelungen. So ist nach der Sanierung noch der gesamte Flur und Treppenhausbereich in seiner historischen Struktur und Erlebbarkeit, inklusive der Treppe vom Anfang des 19. Jh., im Erd- und 1. 0bergeschoss, erhalten. Alle Raumstrukturen in der sogenannten Belletage sind sichtbar belassen und es wird von allen aufgedeckten historischen Wandund Deckenfassungen vom 18.–20. Jh. wenigstens eine Befundachse gezeigt.
Besonders im 1. Obergeschoss spürt man in der Haupthauswohnung im hofseitigen Raum, dem ehemaligen Saal, noch die Geschichte des Hauses. Nach dem großen Stadtbrand 1680 lag auch das Gebiet um dieses Baugrundstück in Schutt und Asche. Erst nach und nach ging es mit dem Wiederaufbau in der Stadt voran, sodass hier 1726 das städtische Syndikathaus, ein Giebelhaus mit hoher Diele, errichtet wurde. Mehrere bekannte Persönlichkeiten der Stadt wohnten hier in der Folgezeit, wie z.B. Christian Ehrenfried von Charisius (Landrat 1747-1770) oder Dr. Paul Langemak (Ehrenbürger der Stadt 1876-1912). Noch im 18. Jh. wurde diese Diele aufgegeben und zum Ende des 18. Jh. entstand im OG dann der heute noch erhaltene Saal. Auf den Wandflächen dieses Saales hat sich, unter diversen Tapetenlagen eine aufwendige Wandgestaltung aus der Entstehungszeit erhalten. Auf mehreren raumgliedernden Medaillons sind gemalte Landschaftsdarstellungen mit Tempelruinen erkennbar, ein typisches Motiv in der Zeit der Aufklärung um 1800. Vergleichbar in Stralsund ist dieser Raum sicher mit dem Hackertschen Tapetensaal, wenn auch dieser in einem besserem Zustand erhalten ist. Bei der erfolgten Sanierung wurde eine Landschaftsrotunde freigelegt, gereinigt und teilweise retuschiert, um einen Eindruck der ehemaligen Saalgestaltung erlebbar zu machen. Ebenfalls eine Besonderheit finden wir im 1. Obergeschoss des Kemladens. Hier entstand in der Mitte des 19. Jh. ebenfalls ein Saal, von dem die Struktur und auch auf zwei Wandflächen die historische Wandfassung erhalten blieb. Diese aufwendige mehrfarbige Schablonenmalerei konnte restauriert und teilweise rekonstruiert werden und ist heute ein Blickfang in dieser Wohnung.
Wolf Dieter Thormeyer